06/02/2023 Axel Hammer

A/C Special Teil I

Wiederbelebung von alten R12 Klimaanlagen
Teil I:  Die Kältemittel (Refrigerants)

Einleitung:

Aufgrund des allgemeinen Informationsmangels bezüglich Klimaanlagen und Kältemitteln für klassische Fahrzeuge in Deutschland und den widersprüchlichen Aussagen von Klimaanlagentechnikern habe ich mich selbst auf die Suche nach fundierten Informationen und Kältemitteln für Klimaanlagen klassischer, insbesondere amerikanischer Automobile gemacht.
Denn: Es ist einfach herrlich, an einem heißen Sommertag im eigenen Klassiker in einem kühlen Fahrgastraum zu sitzen und sich die kalte Luft der Klimaanlage auf die Knie blasen zu lassen.

Möglichkeiten:

Nach meinen eigenen Recherchen kann man alte Klimaanlagen, die mit dem Kältemittel R12 (Markenname beispielsweise FREON®) befüllt waren, mit dem heute gängigen Kältemittel R134a befüllen, wenn einige Umrüstungen vorgenommen werden.

Dazu gehört der Austausch des mineralischen Kompressoröls durch ein PAG-Öl (vollsynthetisches und hygroskopisches Kompressoröl auf Basis von Polyalkylenglykol), da sich R134a nicht mit dem mineralischen Öl mischt. Das Öl soll nämlich konstruktiv mit dem Kältemittel durch die Bauteile der Klimaanlage geschleppt werden.
Weiterhin müssen die Befüllventile gegen R134a kompatible Ventile ausgetauscht werden.
Viele Klimaanlagentechniker empfehlen ebenfalls den Austausch des Trockners, das Spülen des gesamten Systems (dient zum Entfernen des im System befindlichen mineralischen Öls) und das Erneuern diverser Dichtungen.
R12 taugliche Dichtungen sind in der Regel aus NBR.
R134a taugliche Dichtungen sind in der Regel aus HNBR.
Schläuche müssen nicht zwingend getauscht werden, wenn diese bereits in der R12-Anlage in Betrieb waren, da das mineralische Kompressoröl in die Schlauchwandung eindiffundiert und im Schlauch eine dichtende Barriere hinterlässt. 1)
Insgesamt bekommt man allerdings die unterschiedlichsten Meinungen von Klimaanlagentechnikern zu hören, was alles zur Umrüstung auf R134a getan werden sollte.

Ich möchte aber nicht weiter auf diese Methode eingehen, da sich mein Augenmerk auf ein anderes Kältemittel richtet.
Dieses Kältemittel ist ein Hydro-Carbon-Gemisch (Kohlen-Wasserstoff-Gemisch) mit der Kurzbezeichnung R12a.
Es wird unter anderem in den USA und Canada unter folgenden Markennahmen angeboten:

REDTEK® 12a,
Maxi-Frig Refrigerant,
Enviro-Save™ Refrigerant,
DURACOOL®12a.

Meine Aufmerksamkeit richtet sich aber auf das zuletzt genannte Kältemittel DURACOOL®12a, insbesondere auf das 6 oz. Blechdosen-Gebinde, da es auch in Deutschland erhältlich ist.

Anmerkung:
Mittlerweile wird auch ein Produkt der polnischen Firma EASY KLIMA SP. Z O. O. SPÓŁKA KOMANDYTOWA 2) im Internet (www.easyklima.com) auf dem europäischen Markt angeboten, welches allem Anschein nach gleiche oder ähnliche Inhaltsstoffe hat. Weitere Recherchen dazu habe ich aber nicht durchgeführt.

Quelle: 1) Haynes Techbook # 10425: Automotive Heating & Airconditioning
Quelle: 2) EasyKlima

Warum DURACOOL® 12a ?

Es ist auf dem deutschen Markt erhältlich.

Es wird in Kanada hergestellt und von einen französischen Generalimporteur nach Europa eingeführt.

Es ist umweltfreundlich (GWP = 3-4).

Es ist ungiftig.

Es ist preiswert.

Es hat keine korrodierende Wirkung auf Klimaanlagenbauteile.

Der Arbeitsdruck auf der Hochdruckseite ist im Verhältnis zu den mit R12 befüllten Klimaanlagen um 5-10 % geringer, und bei den mit R134a befüllten Systemen um ca. 20-30% geringer.

Der Arbeitsdruck auf der Niederdruckseite entspricht etwa den Drücken in R12 oder R134a Systemen.

R12a verträgt sich mit mineralischen und synthetischen Kompressorölen.

Bei ursprünglich mit R12 befüllten Systemen beträgt die Füllmenge (oder genauer das Füllgewicht) mit R12a lediglich 35%.

Die Verdampfungskurve von R12a ist ähnlich den Verdampfungskurven von R12 und R134a

Zwei mögliche Nachteile:
R12a besteht aus zwei verschiedenen Kältemitteln, nämlich aus Isobutan (R600a) und Propan (R290). Es ist also ein sogenanntes zeotropes Kältemittel. Im Gegensatz zu Einstoff-Kältemitteln ist die Dampf- und Flüssigkeitsphase der am Gemisch beteiligten Kältemittel unterschiedlich. So erfolgt bei konstantem Druck der Phasenübergang über einen Temperaturbereich (Gleit genannt), und nicht über einen Temperaturpunkt.
Außerdem kann die Möglichkeit der Kältemittel-Entmischung bestehen.

Meine Erfahrungen:
Ich habe in meiner Werkstatt gute Erfahrungen mit diesem Kältemittel gemacht.
Eine Entmischung von R12a in seine beiden Einzel-Kältemittel und Nachteile des „Gleit“ konnte ich nicht feststellen.
Mittlerweile sind elf Klimaanlagen unterschiedlicher Bauarten in meiner Werkstatt mit diesem Mittel befüllt worden, wovon neun einwandfrei funktionieren. Von den beiden anderen Anlagen ist eine nach geraumer Zeit undicht geworden. Die zweite Anlage (mit Klimaautomatik) ist in ihrer Luftklappensteuerung defekt; hier liegt der Fehler also nicht am eigentlichen Kältemittelkreislauf.
Bei den Fahrzeugen handelt es sich um Fabrikate der Marken Mustang, Lincoln, Cadillac, Pontiac, Corvette und Buick aus den 60er und 70er Jahren. Die im nachfolgenden Teil II zur Anschauung benutzte Klimaanlage des Buick Electra 225 läuft mittlerweile seit zwei Jahren ohne Beanstandung.
Alle Anlagen sind vor der Befüllungen umfangreich geprüft und bei Bedarf instand gesetzt worden. Auf den Umstand, warum manchmal eine Anlage nicht richtig funktioniert oder nach einigen Betriebsstunden ihren Dienst wieder versagt (auch mir ist es so gegangen), wird in dem späteren Teil III/B  unter dem Kapitel: „Ursachen, warum es bei Vielen schief geht“, eingegangen. So viel sei aber schon erwähnt, es liegt nicht am Kältemittel!

Woraus besteht es?

Oben genannte Kältemittel bestehen meist, wie oben bereits erwähnt, aus zwei Kohlenwasserstoffen zu unterschiedlichen Anteilen und geringen Mengen Additiven, je nach Hersteller.
Das Kältemittel-Kurzzeichen R12a (R = Refrigerant (Kältemittel)) findet man in keiner deutschen Normung, lediglich unter www.wikipedia.org taucht die Bezeichnung HC-12a auf (HC = Hydro Carbon).
Dort wird angegeben, das HC-12a aus Isobutan (R600a) und Propan (R290) besteht.

DURACOOL® 12a besteht laut dem französisch-sprachigen MSDS (Material Safety Data Sheet = Sicherheitsdatenblatt) der Herstellerfirma aus ca. 95% Alkanen und Additiven. Als Alkane bezeichnet man in der organischen Chemie die Stoffgruppe der gesättigten, acyclischen Kohlenwasserstoffe, deren Vertreter nur aus den beiden Elementen Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen.
Propan und Isobutan sind Alkane.

Gefahren!!?

Auch die US-amerikanische Umweltbehörde EPA (Enviroment Protection Agency) befaßt sich mit HC-12a als Kältemittel, und spricht sich gegen die Verwendung in Kfz.-Klimaanlagen aus, da HC-12a aus brennbaren Kohlenwasserstoffen besteht.
Die Vorbehalte und Einschränkung sind allerdings umstritten.
In diesem Zusammenhang bedenke man auch, daß die amerikanische Firma DuPont einer der Chemiekonzerne ist, die Kältemittel R134a und das umstrittenen R1234yf herstellen.

Das heute gängige Kältemittel R134a, gemischt mit Kompressoröl, ist beispielsweise bei einem Unfall, bei dem es aus beschädigten Leitungen oder Schläuchen unter Druck austreten kann, entzündlich. 1)

Das Propan im Kältemittel HC-12a wird laut den Herstellern im Produktionsprozeß weitgehend von Methangasen befreit.
So unterscheidet sich DURACOOL® 12a insbesondere durch eine wesentlich höhere Selbstzündtemperatur von üblichem Propangas.
Die Selbstentzündungstemperatur von Propangas liegt bei ca. 450°C.
R134a hat eine Selbstzündtemperatur von ca. 720 °C
DURACOOL® 12a entzündet sich selbst bei ca. 891°C .2)

Eine englische Studie von Arthur D. Little kommt zu dem Ergebnis, daß das Risiko einer Selbstentzündung bei Austritt von HC-12a in den Fahrgastraum durch eine Leckage in der Klimaanlage bei 3 zu 10 Millionen liegt. 2)
Bei einem unfallbedingten, kompletten Austritt des Kältemittels HC-12a in den Motorraum (in der Regel ca. 12-15 oz., 1 oz. = 28,35 g) und seiner Entzündung würde theoretisch eine 1,5 Sekunden lange Verpuffung entstehen. 2)
Andere Studien aus Australien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

In Australien handhabt man den Einsatz von HC-12a ganz anders. Dort hat der australische Fahrzeughersteller OKA seine ab dem Baujahr 2010 gefertigten Fahrzeuge mit HC-Kältemitteln als Erstausrüstung ausgestattet. 2)
Seit über zwanzig Jahren werden dort Kältemittel aus Kohlen-Wasserstoffen eingesetzt.
Die Klimaanlagen von ca. 8% der australischen Kraftfahrzeuge sind mit HC-12a befüllt.
Das sind ca. 1,2 Millionen Fahrzeuge.
Schwere Unfälle, die in Australien ein Verbot von HC-12a als Kältemittel in Kfz.-Klimaanlagen rechtfertigen würden, sind dort nicht vorgekommen.

Quellen (aufgerufen am 27. September 2019):
1)Air Chill: Making Sense of Auto Motive Air Conditioning Gases
2)Duracool FAQ

GWP (Global Warming Potential = relatives Treibhazspotenzial) und Einflüsse auf die Umwelt

Kältemittel haben verschiedene GWP-Werte.
Dieser Wert ist ein Maß für den Einfluß des Kältemittels auf den Treibhauseffekt in Bezug auf das Gas CO2, wenn es aus der Klimaanlage in die Atmosphäre gelangt.
Der Wert beschreibt die mittlere Erwärmungswirkung über einen bestimmten Zeitraum; oft werden 100 Jahre betrachtet (GWP100).
CO2 hat einen GWP-Wert von 1.

KältemittelR134aR12R1234yfCO2R12abesteht aus: 
      R600aR290
GWP1001300240041 3-43-4

Quellen (Angaben über GWP unterschiedlich):

Umweltbundesamt (aufgerufen am 8. Juni 2022)
Government of Canada (aufgerufen am 8. Juni 2022)

Erwiesen ist, daß R12 die Ozonschicht schädigt.
R134a hat einen hohen GWP-Wert; bei Markteinführung galt es als „umweltfreundlich“.
Über die Langzeitfolgen von R1234yf kann man erst zu einem späteren Zeitpunkt befinden.
Brennen Gemische aus Kompressoröl und R134a/R1234yf, entstehen giftige Komponenten.

Das Kältemittel HC-12a hat einen GWP-Wert von 3-4.

Was ist erlaubt?

In Telefonaten mit dem

  • Umwelt-Bundesamt,
  • dem Kraftfahrt-Bundesamt,
  • einem Klimaanlagenbetrieb, der sich auch mit klassischen Fahrzeugen beschäftigt,
  • mit dem TÜV,

stellte ich immer folgende Frage:

Darf ich das Kältemittel R12a, welches ein Gemisch aus Isobutan (R600a) und Propan (R290)  und ein brennbares Gas bzw. eine brennbare Flüssigkeit ist, in Klimaanlagen klassischer Fahrzeuge füllen, die ursprünglich mit dem Kältemittel R12 befüllt waren? Ich teilte meinen Gesprächspartnern ebenfalls mit, daß der GWP Wert für R12a bei ca. 3-4 liegt.

Sinngemäß bekam ich in etwa folgende Antworten, die sehr widersprüchlich und wenig hilfreich waren:

„Für die Regelungen über den Betrieb von Kfz.-Klimaanlagen sei das Umwelt-Bundesamt nicht zuständig. Ich solle es mal beim Kraftfahrt-Bundesamt probieren. Es gäbe aber für den Betrieb von Kfz.-Klimaanlagen mit dem Kältemittel R12a keine regelnde Norm. Dementsprechend müsse man mit dem Befüllen der Klimaanlage mit R12a aufpassen. Träte das Kältemittel bei einem Unfall oder einer Leckage aus und es entstünden Sach- oder Personenschäden, so sei man ja persönlich haftbar.“

„Das Kraftfahrt-Bundesamt sei nur für Typgenehmigungen neuer Fahrzeuge zuständig.“

„Wenn man eine Kfz.-Klimaanlage, die konstruktiv für eine Befüllung mit dem Kältemittel R12 vorgesehen ist, mit einem anderen Kältemittel befülle, würde man ja die Typengenehmigung verlieren.“

„Die Typengenehmigung umschließe nicht die Klimaanlage in einem Kfz. Die könne man ja schließlich auch demontieren. Dadurch werde ja die Typengenehmigung für das Kfz. nicht beeinflußt“

Als Ergebnis meiner eigenen Recherche ist die Aussage des Generalimporteurs für DURACOOL® 12a, die besagt, daß es legal ist, dieses Kältemittel in Kfz.-Klimaanlagen zu füllen.

Mein persönliches Fazit

Die Sachlage stellt sich leider etwas unklar dar.
Deshalb bleibt nur, sich auf die Aussage des Generalimporteurs zu beziehen.
Letztendlich muß jedoch jeder für sich selbst entscheiden, welches Kältemittel er in seine Klimaanlage füllt oder füllen läßt.

Demnächst mehr in Teil II: Die Klimaanlage

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